Lange bevor der Herr der Ringe über die Leinwände flimmerte oder Harry Potter eine ganze Generation von jungen Lesern beeinflusste, entdeckte ich die fantastische Literatur. Anstatt mit Harry, Hermine und Ron durch die Schulen Hogwarts zu ziehen, folgte ich den Chroniken der Drachenlanze, begleitete Drizzt Do’Urden oder schauderte über Waylanders Schicksal. Neben meinen älteren Geschwistern, die mich früh mit allerlei spannenden Büchern in Kontakt brachten, hatte im Laufe der Jahre ein kleiner Laden hier im beschaulichen Würzburg entscheidenden Anteil daran, dass meine Liebe so schnell nicht versiegen sollte: Hermkes Romanboutique.
Im September 1997 wechselte ich auf eine weiterführende Schule nach Würzburg: Die Jakob-Stoll-Realschule. Diese war zu diesem Zeitpunkt noch im Frauenland ansässig und mir war bei der Wahl der Schule in keinster Weise bewusst, welcher wunderbare Laden nur 2 Minuten direkt gegenüber der Bushaltestelle war. Es dauert jedoch nicht lange und schon bald war ich regelmäßiger Gast dort und verbrachte Stunden zwischen den Büchern, Comics und Spielen. Es ist auch heute noch schwer für mich in Worte zu fassen, welche magische Aura der Laden damals für mich hatte. Es herrschte stets Gewusel zwischen den engen Gängen. Verträumt, wie ich war, hallte mir oft eine klare Ansage hinterher, ich möge doch meine Büchertasche zu den anderen Rücksäcken an den Eingang stellen, um ein kleines Bisschen mehr Platz zu schaffen. Während im hinteren Teil Hermke höchstpersönlich noch das Archiv der gebrauchten Bücher pflegte, indem er mit Bleistift klitzekleine Preise in die Ecken schrieb, schallte im vorderen Teil bereits Gerds markante Stimme. Seinerzeit noch mit wasserstoffblonder Mähne tobte er förmlich und im besten positiven Sinne durch den Laden. Bernie „Burn“ – meiner Erinnerung nach damals schon Teilhaber – eiferte ebenso fleißig, freundlich hinter dem Monitor an der Kasse und verteilte „Tütchen“ (Keine Sorge – Tragetaschen mit Fantasie/Comicmotiv).
Ich wandelte aufgeregt zuerst meist in den hinteren Teil, lauschte Hermke bei einer seiner überaus ausführlichen Empfehlungen oder hatte gar das Glück selbst eine zu erhaschen. Unvergesslich, wie aus einem kleinen Hinweis des persönlichen Geschmacks, plötzlich ein Buchempfehlung wurde, die, soviel kann ich sagen, immer das Ziel traf. Manchmal nicht das, was man erwartet hatte, aber immer ein gutes Erlebnis. Ich erinnere mich gut daran, wie Hermke mir einst, nach 25 Minuten mitreißendem Plädoyer Robert Asprins „Ein Dämon zuviel“ mitgab. Im Laufe der nächsten 14 Tage las ich die vollständige Reihe (damals 8 Bücher). Dass ich ursprünglich etwas aus der Gattung Schwert und Magie suchte, hatte ich unterdessen natürlich völlig vergessen.
Die Jahre zogen dahin und auch wenn ich mich veränderte, blieb „der Hermke“ eine echte Konstante in meinem Leben. Egal ob Pen and Paper Rollenspiele, Magic the Gathering Sammelkarten, Comicbücher, Gesellschaftsspiele oder natürlich der Dauerbrenner: Fantasiebücher. Im Zweifel wusste Gerd, Burn oder Hermke etwas, was mir Freude bereiten würde.
Heute, 25 Jahre später, gehe ich immer noch zum Hermke. Zwar ist der alte Hermke längst nicht mehr in Amt und Würden, aber Gerd und Burn lassen den Geist des Ladens weiterleben. Die Besuche wurden weniger regelmäßig, dafür intensiver. Ich habe bereits meine Kinder mit in den Laden genommen und auch wenn ihnen die Magie noch nicht so ganz klar wird, so wissen sie doch ganz genau, wohin ich gehe, wenn ich sage: Zum Spiderman.
Es hat lange gedauert, bis es mir gelungen ist, meine Liebe zu der fantastischen Literatur in ein Lied zu gießen. Im Stile der alten Liedermacher, stark referenziell und ohne musikalischen Schnickschnack habe ich meine persönliche fantastische Reise skizziert. Und natürlich Hermkes Romanboutique gewürdigt. Ich hoffe, dass all diejenigen, die bisher keine Lust auf fantastische Literatur hatte, trotzdem Freude an dem Lied finden. Vielleicht bekommt der ein oder andere einen Ruck und gibt der Sache eine Chance. Probiert es mal aus. Ihr habt in Würzburg die absolute Topadresse direkt vor der Haustür.
Und all diejenigen, die ebenfalls eine derartige Reise erlebt haben, können sich vielleicht an meiner erfreuen. Und wenn nicht? Schreibt mir und ich schicke euch eine Karaoke Version des Liedes. Dann könnt ihr eure eigenen Reise von Midkemia bis Powder Mage oder vom Rad der Zeit bis zu den Dresden Files verfassen. Egal was ihr tut: Bleibt Kinder der Fantasie.
Das Lied “Kind der Fantasie” erscheint vorab auf Youtube und wird im Zuge meines neuen Albums im Laufe der ersten Jahreshälfte 2024 auf allen Streamingplattformen erscheinen.