Gefällt mir… oder nicht?

Die sozialen Netzwerke sind so allgegenwärtig, dass man gar nicht mehr umhin kommt jegliche persönliche Bewertungen mit einem schlichten “Gefällt mir” abzutun. Es ist – insbesondere in der jungen Generation – tief verwurzelt. Das “Gefällt mir” ist zu einer festen Wertung, ja fast Währung geworden und wird häufig mit dem Erfolg einer Sache gleichgesetzt. Das ist nichts Neues. Die Welt dreht sich nun mal und, so lapidar das auch klingen mag, Dinge verändern sich.
In meiner persönlichen Wahrnehmung hat sich jedoch etwas Entscheidendes verändert. Ich reite ungern auf der alten Floskel “Früher war alles besser” herum, weshalb das kurz noch klar gestellt werden soll. Es war nicht besser. Es war anders!

Sprach man früher über neue Musik, Filme oder Ähnliches, und der Gegenüber vermittelte einem, dass ihm z.B. “der neue Michael Jackson Song” nicht gefalle, dann konnte man durchaus davon ausgehen, dass derjenige dies nicht lapidar daher sagt. Wenn jemanden etwas gefiel, oder eben auch nicht, dann deshalb, weil er sich damit beschäftigt hatte, ja, weil er genug Erfahrungswerte angehäuft hatte, um dies für sich festzustellen. Das “Gefällt mir” war eine persönliche Einschätzung, eine Wertung hinter der mehr steckte als das bloße “Daumen rauf oder runter”. Derjenige hatte schlicht Zeit damit verbracht um zu dieser Entscheidung zu kommen.

Das “Gefällt mir” der aktuellen Zeit lässt das vermissen. Es wird dermaßen inflationär benutzt, dass es zu einer Schutzbehauptung gereift ist – sowohl positiv, als auch negativ. Gerade im Bereich der Musik höre ich oft Sätze, die einer Rechtfertigung gleich gestellt sind, die sich anhört, als wäre der Gegenüber krank und könne nichts für seine Wahrnehmung, denn “Es gefällt mir halt nicht!”. Mich persönlich ärgert diese Herangehensweise, weil es den Weg des geringsten Widerstandes darstellt und dieser ist, meinem Empfinden nach, selten der Richtige.

Wer sich hinter einer Floskel versteckt, muss sich darüber im Klaren sein, dass es vielleicht nicht das Produkt ist, dass ihm nicht gefällt, sondern, dass er nicht in der Lage ist, den Wert des Produktes zu bemessen. Und ehe er sich dem Aufwand hingibt das Präsentierte tatsächlich zu bewerten, wird sich hinter der Floskel des “Gefällt mir nicht” versteckt.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Wahrnehmung – insbesondere von Kunst – erst dann als vollständig erachtet werden kann, wenn der Konsument die nötigen Erfahrungswerte mitbringt, oder, pragmatischer ausgedrückt, wenn er das Rüstzeug besitzt, das zu tun. Im Handwerk, oder bei körperlichen Herausforderungen, fällt es der Gesellschaft leicht das zu tun, denn jeder kann die Leistung, die vollbracht wurde bemessen. In der Kunst ist dies völlig anders und es ist sehr schade, dass es in Ordnung ist, pauschale Bewertungen treffen zu dürfen – häufig negativer Natur.

Ich würde mir wünschen, dass ein “Gefällt mir” oder “Gefällt mir nicht”, nicht mehr eine selbstverständliche Floskel darstellen würden, sondern, dass es zum guten Anstand gehören würde, sich einzugestehen, dass es einem nicht obliegt diese Bewertung überhaupt zu treffen. Denn es mag zwar stimmen, dass man es nicht erzwingen kann, dass jemanden etwas gefällt. Man kann aber erwarten, dass Leistungen, die man selbst nicht bewerten kann, nicht pauschal abgetan werden.

Das würde mir dann tatsächlich gefallen.

4 Kommentare

  1. Da klingst du aber wie ein bitterer alter Sack, dessen Lied jemandem nicht gefallen hat … 😛

    Meiner Meinung nach hat sich, trotz Facebook usw., die Verwendung von “Gefällt mir” im alltäglichen Sprachgebrauch nicht geändert (bis auf ein paar ironische Verwendungen mehr eben in Anspielung auf Facebook), und vor allem seine Bedeutung nicht. Es war in der Regel nie Ausdruck einer tieferen Auseinandersetzung mit einer Sache, und das Ergebnis von Sachkenntnis. Klar, ein Experte kann nach gründlicher Analyse zu dem Ergebnis kommen, dass ihn etwas aus fachlicher Sicht anspricht und das mit einem “Gefällt mir” ausdrücken, so wie eben jemandem, der was von Musik versteht, ein Lied gefallen kann aus Gründen, die ein Laie kaum nachvollziehen kann. Aber normalerweise ist es doch mehr Ausdruck eines Bauchgefühls, eine spontane Äußerung, und gerne auch im besten Wissen getätigt, dass etwas objektiv und aus fachlicher Sicht vermutlich keine große Qualität hat. So wie eben vielen Leuten Fifty Shades einfach gefällt, wobei ihnen klar ist, dass es keine große Literatur ist oder sie sich sogar dafür schämen sollten, es zu mögen. “Gefällt mir” ist keine Floskel, es ist vielmehr Ehrlichkeit. Ich weiß nicht, ob das Buch aus der Sicht des Fachmanns gut geschrieben ist, es ist mir egal, ob das Bild kitschig ist, und vielleicht finde ich die Boyband, die das Lied aufgenommen hat, doof – aber das Ergebnis gefällt mir. Ich ignoriere, ob mir von Fachleuten, der Gesellschaft oder meiner Umgebung vorgeschrieben wird, ob etwas gut zu sein hat, ob ich etwas zu mögen habe oder nicht, und sage spontan und ehrlich, ob mich etwas anspricht. Ich erkenne vielleicht, dass jemand gut singen kann, aber das Lied gefällt mir halt trotzdem nicht. Das ist so, und warum sollte man nicht so empfinden oder das nicht äußern dürfen? Auch wenn es dem Sänger nicht … gefällt.

    Ein “Gefällt mir” kann auch viel wertvoller sein als eine vermeintlich informierte Meinung. In der jeder Kunst gibt es Regeln, Moden und etablierte Ansichten, und dann auch Snobs, die alles ablehnen, was nicht dazu passt. Da kann dann nur das streng metrische Gedicht wahre und wertvolle Lyrik sein, und nicht der freie Vers, und so weiter. So fesselt sich Kunst aber selbst, schränkt sich ein, und verkümmert zur Besserwisserei einer Elite. Der Laie, der nicht mehr sagen kann, als dass ihm etwas gefällt oder nicht, darf sich gar nicht mehr äußern. Vielleicht ist einem selbst eine fundierte positive Bewertung eines Fachmanns mehr wert als das “Gefällt mir” eines Laien, und vielleicht denkt man auch, der Fachmann hätte sich intensiver mit dem Werk auseinandergesetzt, weil er am Ende nicht nur “Gefällt mir” sagt. Aber dass dem Laien das Rüstzeug für so eine Auseinandersetzung fehlt, oder das Interesse, sich Kunst auf dieser Schiene zu nähern, macht seine Meinung nicht wertlos und vor allem nicht unehrlich. Kunst ist nicht wahrer und wertvoller, nur weil man studiert haben muss, um sie zu verstehen und zu schätzen. Ein Lob nach intellektueller Analyse ist nicht wahrer und nicht zwangsläufig wertvoller als ein spontanes, emotionales “Gefällt mir”. Ein Werk, das nur Experten anspricht, ist nicht zwangsläufig “besser” als eines, dass Laien einfach gefällt.

    Wenn ein simples Lied, dass für den Fachmann nichts interessantes zu bieten hat, Leuten gefällt und sie ein klein wenig glücklicher macht, hat es einen Wert. Genauso, wie die anspruchsvolle Komposition, die den Laien nicht anspricht aber den Experten in Aufregung versetzt, einen Wert hat. Und so wie das Stück, mit dem erst in 50 Jahren irgendwer was anfangen kann, einen Wert hat. Kunst, die von Experten formulierten Ansprüchen genügt, kann oft auch nur die Erfüllung von Formalitäten sein, und warum sollte so etwas zwangsläufig wertvoller sein als etwas, dass dies nicht tut, aber Leuten einfach gefällt?

    Letztlich bleibt die Wahrnehmung von Kunst subjektiv. Experten können bewerten, ob etwas gewissen Regeln genügt, ob es innovativ ist, ob es handwerklich gut gemacht ist. Wenn mir als Künstler diese Dinge wichtig sind, ist mir auch die Expertenmeinung wichtig. Ein Laie kann sagen, ob ihm etwas gefällt. Nur sagen, nicht mal entscheiden. Das kann mir als Künstler auch wichtig sein, dass es vielen Leuten oder bestimmten Leuten gefällt. Eben nicht aus fachlichen Überlegungen, sondern auf einer tieferen Ebene. Man hat die Leute irgendwie erreicht, irgendwie berührt. Als Künstler können mir beide Seiten wichtig sein, die Experten und die Laien, die Gewichtung liegt bei mir und kann sich je nach Werk unterscheiden, so wie sich auch meine Erwartungshaltung, wie etwas von wem angenommen werden wird, von Werk zu Werk unterscheiden kann. So oder so muss ich damit leben können, wenn jemandem etwas nicht gefällt.

  2. @ Torsten: Erstmal, wow! Vielen Dank für den ausführlichen Kommentar. Es wird schwer sein auf jeden deiner Punkte einzugehen, aber ich versuche mein Bestes.

    Zunächst, nur um das vorne weg zu schicken, dieser Beitrag hat nichts mit der Wahrnehmung meiner Musik zu tun und ich hätte ihn auch nicht in dieser Schärfe verfasst, wenn dies so wäre. Ich denke, dass die Bewertung meiner Musik von jedermann erfolgen kann, und ich wünsche mir auch, dass das passiert, und jedes “Gefällt mir” oder “Gefällt mir nicht” nehme ich dankend an.

    Nun zur Sache an sich: Ich finde durchaus, dass der Satz an Wertigkeit verloren. Sicher, der von dir angesprochene Ironische Unterton in Kommentar, ähnlich dem manchmal verwendeten “lol” (laughing out loud) existiert nur durch Facebook. Sicher ist es eine überspitzte Darstellung, dass sich vor z.B. 20 Jahren Jedermann tief in eine Materie eingearbeitet hat, ehe er eine Meinung von sich gab. Aber die überspitzte Darstellung habe ich bewusst gewählt, denn sie dient der Veranschaulichung des Themas und soll auch auf die Schnelllebigkeit der Dinge verweisen.

    Wichtig ist, und hierbei liegt denke ich die größte Missinterpretation von deiner Seite, dass es nicht darum geht, dass eine Meinung nichts wert ist. Jeder Mensch kann nur auf die Weise werten, wie es sein bisheriger Erfahrungsschatz zulässt. Und nicht alle Menschen können und sollen Experten werden – um Gottes Willen.
    Worauf ich hinaus wollte bzw. möchte, ist, dass es zu leicht ist, Dinge abzutun und ein einfaches “Gefällt mir nicht” an seiner Statt zu stellen oder schlimmer, es als schlecht zu bezeichnen. Wie ich zum Ende geschrieben habe: Etwas als “Laie” nicht zu mögen, ist das eine, es abzuwerten ist das andere.

    Um den Bogen zu schlagen, was die Intention dieser “Meinung” ist. Ich höre viel Musik und spreche viel über Musik. Es geschieht dabei immer wieder, dass Musiker oder Genres, die nicht so zugänglich sind, wie beispielsweise die gängige Radiomusik, pauschal abgewertet werden. Ein “Gefällt mir nicht” ist dabei noch die netteste Variante, bzw. wie im Text oben beschrieben, wird die Rechtfertigung für diese Meinung gleich mitserviert: “Was soll ich machen – es gefällt mir halt nicht” . Ich konfrontiere die Leute oft damit, weil mich interessiert warum das so ist. Leider ist es schlicht so, dass “unbequeme” Musik keine Chance bekommt. Die Menschen Vorverurteilen z.B. Jazz oder klassische Musik, um einige Genres zu nennen. Natürlich ist es ihr Recht als Mensch zu sagen, dass sie an dieser Musik kein Interesse haben, und es ist ihr Recht zu sagen, dass es ihnen nicht gefällt.
    Es wäre lediglich mein Wunsch, dass dies mit der Einsicht einher geht, dass es nicht zwingend an der Musik liegt, sondern an der nicht vorhandenen Bereitschaft, “unbequemer” Musik eine Chance zu geben.

  3. Mich hat vorrangig das mit der vollständigen Wahrnehmung von Kunst gestört. Da sind wir dann nämlich beim Entwerten von Meinungen.

    Ich verstehe dein Problem aber nicht ganz. Oder vielmehr, ich habe den Eindruck, dass du ein bisschen viel in ein “Gefällt mir nicht” reininterpretierst. Es ist ja eben keine pauschale Abwertung oder Vorverurteilung. Es ist lediglich ein subjektiver Eindruck.

    Du erscheinst hier wie jemand, der etwas liebgewonnen hat, das vielleicht nicht jedem sofort zugänglich ist, und der dann enttäuscht ist, wenn andere dem erst gar keine Chance geben wollen. Das machen viele andere auch (immer wieder) durch. Und du bist doch auch so, du bist da auch mal der, dessen Reaktion andere enttäuscht, wir sind alle so. Dich reizt nicht alles, was dir empfohlen wird. Wenn du die ersten paar Folgen einer TV-Serie nicht magst, schaust du nicht immer weiter, auch wenn dir einer garantiert, dass sie nach fünf Staffeln super ist. Zeit ist begrenzt, wir können nicht alles ausgiebig erforschen. Jeder hat seine persönlichen Vorlieben, Geschmäcker und Gründe, warum er sich manchen Sachen intensiver widmet. Oft können wir ja auch gar nicht richtig erfassen, warum uns etwas anspricht oder nicht. Wenn du sagst, die Folgen, die du von der Serie gesehen hast, haben dir halt nicht gefallen, ist das doch völlig okay. Und wenn du das mit “Die Serie gefällt mir nicht” zusammenfasst, auch. Du sagst nicht, dass die Serie pauschal schlecht ist, oder dass TV-Serien generell nicht mit anderen Erzählformen oder Medien mithalten können. Wenn der, der die Serie empfiehlt, dass dann nicht akzeptieren kann, und dich bedrängt, doch weiter zu schauen, oder an deinem Geschmack oder deiner Intelligenz zweifelt, oder wenn alle um dich rum ständig von der Serie schwärmen und dich fragen, warum du sie nicht auch schaust, entfährt dir auch irgendwann ein “Was soll ich denn machen, es gefällt mir halt nicht.”, oder?

    Dein letzter Absatz klingt so, als würde den Leuten die Musik ja gefallen, wenn sie ihr nur eine Chance geben würden. Aber so funktioniert es ja nicht. Wenn du der Serie eine Chance gibst und dir alle Staffeln reinziehst, gefällt sie dir am Ende vielleicht trotzdem nicht. Ist halt einfach nicht dein Ding, das ist weder dir noch der Serie vorzuwerfen, und da würdest du mit einem “Gefällt mir nicht” auch nichts anderes vermitteln.

    Ich finde das alles ganz normal. Und es ist leider auch menschlich, das man absolut nicht verstehen kann, warum andere nicht erkennen, wie toll diese eine Sache ist, die man liebt, und warum alle anderen auf etwas abfahren, dass man selbst blöd findet.

  4. Ganz davon frei machen, dass ich darüber entäsucht bin, dass einige Musik Genres wenig Aufmerksamkeit bekommen, kann ich mich nicht. Dennoch trifft deine folgende Argumentation nicht den Kern meiner Aussage und muss daher anders ausfallen.
    Ich springe mal auf deinen Beispielzug auf und versuche es zu verdeutlichen. Wem nach 5 Folgen einer Serie, diese nicht gefällt, dann hat derjenige ja genau das gemacht, was ich “vermisse”. Der richtige Vergleich zu dem, was mich stört wäre: “Ich habe “Firefly” nach zehn Minuten ausgemacht und nie wieder angesehen – Science Ficton gefällt mir halt nicht”.
    Es ist diese “Ignoranz” die mich häufig stört, weil derjenige nicht weit genug in seiner Wahrnehmung geht. Für mich wäre es richtig zu sagen, dass dieses Produkt ihm zwar nicht gefällt, dass er aber zugeben muss, nur schwer eine Bewertung abgeben zu können, schließlich hat er nur 10 Minuten gesehen und auch sonst wenig Berührungspunkte mit Science Fiction.

    Wichtig ist – und das sollte wohl klar herausgestellt werden – mein Meinungsbeitrag ist bewusst überspitzt und wohl auch leicht provokativ. Das habe ich aber tatsächlich bewusst gemacht. Dass man, wenn man nun jeden einzelnen Satz betrachtet, eine gewisse logische Inkonsistenz finden wird, ist normal und sollte auch nicht das für und wieder der grundsätzlichen Annahme bedeuten.

    Ich möchte damit sagen, dass ich natürlich und offensichtlich “zu viel” in den Satz hi­n­ein­in­ter­pre­tie­re. Diese Übertreibung ist notwendig und veranschaulicht das Problem. Nämlich, dass wir – und da nehme ich mich nicht aus – häufig zu schnell zu einem Schluss kommen und uns vor Dingen verschließen die vielleicht etwas unbequemer sind, als der gängige Einheitsbrei. Dass ich, oder das wir, uns dagegen nicht wehren können, dessen bin ich mir bewusst. Deshalb auch “der Wunsch” im letzten Abschnitt. Wenn es schon unmöglich ist, dann wäre es schön, wenn wir wenigstens eingestehen, dass es nicht zwingend am Produkt liegt, sondern auch an uns und unserer Bereitschaft es zu entdecken.

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