Empfehlung Literatur: Joe Abercrombie

Noch bevor “Harry Potter” den Siegeszug in Kinderzimmer auf der ganzen Welt angetreten hat und “Der Herr der RInge” schlicht ein Bücherreihe war, habe ich mit großer Begeisterung Belletristik aus dem Reich der Fantasie gelesen. Ich tue das auch heute noch und muss immer wieder darüber schmunzeln wie Verfilmungen der Bücher, die mir bereits seit Jahren bekannt sind, in die breite Öffentlichkeit gelangen. Für alle “Game of Thrones” Liebhaber möchte ich an dieser Stelle kurz auf folgendes Video verweisen: Rage of Thrones

Nun aber zum eigentlich Grund dieses Beitrages. Ich habe sicher 100 Bücher aus dem Bereich der fantastischen Literatur gelesen und habe einige hervorragende Autoren kennen lernen dürfen, die jedoch neben den Platzhirschen (Tolkien, Rowling, Martin etc.) weniger Beachtung finden. Einer dieser Autoren ist Joe Abercrombie.

Ich verfolge Abercrombie seit seiner Erstveröffentlichung im Jahre 2007 (Kriegsklingen) und habe seither jeden seiner Romane gelesen. Mit Ausnahme der fürchterlich Titelwahl – im englischen “The Blade itself”, “Before they are hanged”, Last Argument of Kings”. Im deutschen “Kriegsklingen”, “Feuerklingen”, “Königsklingen” – ist die deutsche Überetzung hervorragend. Ich konnte mich hiervon eben erst überzeugen, da ich das neueste Werk “Half a KIng”  bzw. “Königsschwur” (das erste Buch einer als Trilogie angelegten Serie)  in beiden Sprachen gelesen habe. Für die Übersetzung ist Kirsten Borchardt verantwortlich, die bei allen Büchern schlicht und einfach hervorragende Arbeit leistet.

Die fantastische Literatur ist auch heute noch – trotz riesigen Umsätzen und Publicity durch die Filmindustrie – ein Genre, dass von der “ernsthaften” Leserschaft mit einen Augenzwinkern abgetan wird. Wer sich davor verschließt, wird auch mit Abercrombie keine Freude habe. Wer sich darauf einlässt wird erkennen, dass auch diese Geschichten weit über das Maß der bloßen “Berieselung” hinaus gehen können. Denn hier liegt Abercrombie´s große Stärke. Er nimmt sich Zeit und zeichnet ein gestochen scharfes Bild jedes wichtigen Charakters, arbeitet winzige Details heraus und weiß zu überraschen. Seine Beschreibungen sind kurz, prägnant und bisweilen ungeschönt, ja beinahe brutal direkt und sachlich. Seine Dialoge sprühen von Witz und Charme, sind aber nie belanglos und vor allem einprägsam. Abercrombie schafft es seinen Charakter einen Wiedererkennungswert in ihrer Wortwahl zu geben, so dass es unnötige ist im Beisatz zu erwähnen, wer hier eben gesprochen hat. Dies macht er sich zu Eigen und lange Dialog Szenen fliegen nur so über die Seiten und lesen sich beinahe wie ein Drehbuch. Um es auf den Punkt zu bringen: Der Junge kann schreiben – verdammt gut schreiben!

Dennoch setzt sich Abercrombie in einem Punkt noch von seinen Kolleginnen und Kollegen ab und dies ist auch der Grund warum ich ihn nahezu blind empfehlen würde. Abercrombie erzählt plausible Geschichten. Dies ist extrem wichtig, denn gerade in der fantastischen Literatur neigen Autoren dazu Lösungen zu finden, die dem Übersinnlichen zuzuordnen sind. Irgendein Zauber, eine göttliche Entität oder etwas ähnliches, löst am Ende das Problem und macht die Geschichten oft logisch inkonsistent. Als Liebhaber der phantastischen Literatur kann ich darüber sehr gut hinwegsehen – viele können es nicht und müssen es bei Abercrombie so gut wie nie. Natürlich existieren Magie und andere übernatürliche Kräfte auch in seinen Büchern. Sie stellen aber nicht das Zentrum der Geschichte dar. Dies sind immer die mitreißenden Charaktere, die stets nachvollziehbar handeln und so sind, wie Menschen eben sind – oft auf den eigenen Vorteil bedacht.

Wer sich der fantastischen Literatur einmal nähern möchte, ohne sofort mit Feen, Magiern, Drachen oder ähnlichem konfrontiert zu werden, der findet bei Abercrombie eine tolle Reihe von einprägsamen Büchern, die einen nicht mehr loslassen. Wer die fantasatische Literatur bereits schätzen gelernt hat und Abercrombie noch nicht kennt, den würde ich ohne Umschweife zum Laden meines Vertrauens schicken und sofort zuschlagen lassen. Auch wenn die Büchern ab Band 4 als selbstständige Bücher angepriesen werden, kann ich nur empfehlen von vorne zu beginnen und Kriegsklingen bzw. die erste Trilogie zu lesen. In den darauffolgenden Bänden gibt es viele Anspielungen auf die Ereignisse aus den ersten drei Bänden, die die Geschichte nicht beeinflussen, ohne diese Vorkenntnisse aber verpuffen.

Viel Spaß beim Lesen.

4 Kommentare

  1. @Simon: Danke für diesen interessanten Beitrag aus einem ganz neuen Themengebiet. Können das auch schon Kinder im Alter von ca. 10-12 lesen oder ist das alles eher Erwachsenenliteratur? Die Titel klingen alle etwas martialisch.

  2. @Dennis: Ein deutliches “Nein”. Joe Abercrombie ist, wie auch die Game of Thrones Vorlage (Das Lied von Eis und Feuer) und im übrigen auch Teile der Harry Potter Bände, Erwachsenen Literatur. Die “Klingenromane” beinhalten zum Teil sehr blutige bzw. harte Passagen (Folter etc.) und sind darüber hinaus auch sehr lange (je Buch ca. 800 Seiten) Geschichten. Ich denke ab 16 sind die Bücher vom Inhalt her in Ordnung, die Menge an Seiten wird aber auch hier abschreckend sein.

    Aber vielen Dank für die Frage: Hierauf geht mein Post überhaupt nicht ein und es sollte deutlich gesagt werden.

    Zum Stichwort martialisch noch ein Satz: Die Geschichten haben häufig einen Konflikt als Handlungsmittelpunkt, der natürlich in einer mittelalterlichen Welt auch durch Kämpfe ausgetragen wird. Wichtig ist für mich, dass diese Kämpfe bisweilen zwar sehr ausführlich beschrieben werden, dass sie aber weit davon entfernt sind bloße Aufzählungen von Attacken, Paraden, Wunden oder ähnlichem zu sein. Sie sind Teil dieser “harten” Welt und fügen sich schlicht in die Geschichte ein. Dennoch der Hinweis: Wer Passagen in denen gekämpft wird, nicht lesen möchte, wird an den Büchern keine Freude haben.

    Wenn du Kinder und Jugendlichen Literatur aus der Welt der Fantasy gezielt suchen möchtest, kannst du mich aber auch gerne fragen. Habe auch hier viel gelesen und lese hin und wieder noch gerne Fantasie Literatur, die auch für Jugendliche und Kinder gedacht ist.

  3. @Dennis: Zuerst dachte ich, dass es ziemlich flott gehen wird. Als ich dann mal die Liste der Bücher durchging, viel mir auf, wie viel es doch ist und definitiv einen Kommentar sprengen würde. Ich werde darum einen Post daraus machen, der in den nächsten Tagen folgen wird.
    Ein Link wird dann hier in den Kommentaren landen.

    Danke für die Anregung.

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